Anekdoten

Anekdoten aus der Vergangenheit (frei nach Kurt Haupt †):

Nach dem Krieg hatten wir Schlesier und Sachsen weite Anfahrtswege bei Auswärtsspielen zurückzulegen. Dies auch noch mit einem Holzvergaser-LKW. Unvergessen waren dabei die Pokalspiele in Elstra, Hagenwerda und Wurzen. Erst dort war für uns Endstation. Zu jedem dieser Spiele, die alle auswärts und innerhalb eines Jahres stattfanden, gibt es eine kleine Episode zu berichten.

In Elstra hatten wir einen Schiedsrichter, der in Statur und Aussehen dem uns aus der Kindheit bekannten Dr. Waldau ähnlich war. Durch unser gutes Spiel und sauberes Auftreten hatten wir einen neuen Fan bekommen. im Gegensatz zu den Elstraern, Spieler wie Zuschauer, die alle seine Entscheidungen bemeckerten. Das Spiel endete 5:2 für uns. Wir nannten daraufhin den Schiedsrichter Dr. Waldau und verloren unter seiner Regie kein Spiel mehr.

Der nächste Gegner hieß Hagenwerda an der polnischen Grenze. Nach 90 Minuten stand es 2:2, es wurde bis zum nächsten Tor gespielt, höchstens jedoch 2×15 Minuten. Während des Spiels goss es in Strömen und wir (Erwin Szymanski und ich) warteten auf das erlösende Tor der Hagenwerdaer. Aber unsere Hintermannschaft, allen voran Ede Schöffeld, hatten ihren Spaß bei der Abwehrschlacht. Erwin und ich froren an der Mittellinie. Erwin wollte gerade das Spielfeld verlassen, um sich keine Lungenentzündung zu holen. Da gelang Ede Schöffeld ein Befreiungsschlag. Ich brüllte Erwin an: „Lauf, lauf !“, und er schoss für uns das 3:2. Ich war an diesem Tag der schlechteste Mann auf dem Platz, hatte nur mit Brille putzen zu tun. Heute würde man sagen Note 6, hat sein Geld nicht verdient. Nach dem Spiel machte plötzlich eine Pulle Schnaps die Runde, gestiftet vom Vater der Brüder Bernd und Herbert Peschel. Wir waren so ausgemergelt, dass fast ale Spieler innerhalb weniger Minuten davon einen Rausch bekamen. Es gab also damals wie heute Fans, die nach einem Sieg mal eine Runde reinhauen.

Nun kam Wurzen an die Reihe. Damals galt für alle Spiele die Regelung, dass der gastgebende Verein nach Abzug der Unkosten seinen Erlös 60:40 mit der Gastmannschaft teilen musste. Bei so einer Aussicht auf viel Geld wurden wir übermütig und fuhren mit einem Bus nach Wurzen, um unseren Frauen und Bräuten etwas zu bieten. Aber nichts war. Dauerregen, wenig Zuschauer und noch weniger Geld. Die Höhe der Niederlage weiß ich nicht mehr, aber die Busrechnung von 300 Mark, damals ein Monatsverdienst, verfolgte uns noch wochenlang. Wir gingen bei den Geschäftsleuten regelrecht betteln, bekamen aber nicht mehr als 200 Mark zusammen. Die restlichen 100 Mark borgte ich dem Verein von meinem bescheidenen Ersparnissen.

Was heißt das für den Verein? Lebt nicht über eure Verhältnisse, versucht passive Mitglieder zu werben, es zählt jeder 50 oder 100 Mark-Schein.

Kurt Haupt (†)
Kurt Haupt (†)